Samstag, 12. Mai 2012

Artikel 2: Körperliche und Seelische Unversehrtheit, Freiheit und Sicherheit. Die Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen.

Artikel 2: Körperliche und Seelische Unversehrtheit, Freiheit und Sicherheit

Jeder hilfe- und pflegebedürftige Mensch hat das Recht, vor Gefahren für Leib und Seele geschützt zu werden.

Schutz vor körperlicher und seelischer Gewalt
Sie haben das Recht, vor körperlicher Gewalt wie beispielsweise Festhalten und Festbinden, Schlagen, Verletzen und Zufügen von Schmerzen, vor unerwünschten medizinischen Eingriffen sowie vor sexuellen Übergriffen geschützt zu werden. Niemand darf sich Ihnen gegenüber missachtend, beleidigend, bedrohend oder erniedrigend verhalten. Dazu gehört auch, dass man Sie stets mit Ihrem Namen  anzureden hat.
Schutz vor Vernachlässigungen
Auch Vernachlässigungen, wie mangelnde Sorgfalt bei der Betreuung, Pflege oder Behandlung, Unterlassung notwendiger Hilfe sowie unzureichende Aufmerksamkeit stellen Formen von Gewalt dar. Konkret heißt das beispielsweise, dass Ihnen die erforderliche Hilfe rechtzeitig zukommen muss, dass man Sie nicht unzumutbar lange warten lässt, wenn Sie Hunger oder Durst haben, aufstehen oder sich hinlegen möchten und wenn Sie Ihre Ausscheidungen verrichten müssen. Ebenso betrifft dies den Schutz vor Wundliegen und vor Versteifung der Gelenke. Auch müssen Sie gegen übermäßige Kälte und Wärme (überhitzte oder zu kühle Räume, direkte Sonneneinstrahlung, Zugluft besonders in Fluren, unangemessene Bekleidung) geschützt werden, wenn Sie dafür nicht selbst Sorge tragen können.
Schutz vor unsachgemäßer medizinischer und pflegerischer Behandlung
Sie haben das Recht, vor Schäden durch unsachgemäße medizinische und pflegerische Behandlung geschützt zu werden. Das bedeutet beispielsweise, dass Ihre Medikamente gewissenhaft und sachgemäß verordnet und verabreicht werden müssen.Ärztinnen und Ärzte haben die Pflicht, Sie verständlich und umfassend über Wirkungen, Neben- und Wechselwirkungen von Medikamenten aufzuklären. Ihre Wahrnehmungen und Hinweise sowie beobachtbare Anzeichen möglicher Neben- und Wechselwirkungen von jeglichen Behandlungen sowie pflegerischen Maßnahmen erfordern besondere Aufmerksamkeit und rechtzeitiges Reagieren durch Ärztinnen, Ärzte und Pflegende.
Schutz vor unangezeigten freiheitsbeschränkenden Maßnahmen
Grundsätzlich haben Sie das Recht, sich in Ihrer Umgebung frei zu bewegen. Wenn es Ihr gesundheitlicher Zustand erlaubt, muss gewährleistet sein, dass Sie Ihren Wohnraum jederzeit betreten, verlassen und abschließen können. Wenn Sie in einer stationären Einrichtung leben und selbständig Ihren Wohnraum verlassen können, soll Ihnen ein eigener Haustür- und Zimmerschlüssel ausgehändigt werden.
Jede Maßnahme, die Sie einschränkt, sich frei zu bewegen und der Sie nicht zustimmen, bedarf einer richterlichen Genehmigung.
Einschränkungen
Freiheitsbeschränkende Maßnahmen können in Ausnahmefällen notwendig sein, wenn Sie sich selbst oder andere Menschen gefährden und alle anderen Möglichkeiten des Schutzes ausgeschöpft sind. Freiheitsbeschränkende Maßnahmen, wie das Einschließen, das Angurten oder das Verabreichen ruhigstellender Medikamente, können eine schwerwiegende Belastung darstellen und gesundheitliche Gefahren mit sich bringen. Deshalb muss während der Dauer der Maßnahme eine kontinuierliche Beobachtung durch dafür qualifizierte Personen gewährleistet sein. Ferner ist regelmäßig zu prüfen, ob die Maßnahme noch erforderlich bzw. gerechtfertigt ist.
Hilfe gegen Gewalt
Wann immer Ihnen Gewalt mit Worten oder Taten begegnet, Sie sich vernachlässigt oder respektlos behandelt fühlen, müssen und sollten Sie dies nicht hinnehmen. In einem solchen Fall sollten Sie oder stellvertretend Ihre Vertauensperson sich hierüber beschweren. Ferner können Sie erwarten, dass Pflegende, Ärztinnen, Ärzte und Therapeuten im Rahmen Ihrer Pflege, Betreuung und Behandlung, Anzeichen von Gewalt, Misshandlungen und Missbrauch erkennen und - wenn möglich in Absprache mit Ihnen - in geeigneter Weise darauf reagieren. Das heißt zum Beispiel, dass unverzüglich ärztliche Untersuchungen zu veranlassen sind, wenn konkrete Anzeichen von Gewaltanwendungen vorliegen. Werden Spuren von Gewalt festgestellt, müssen die zuständigen Behörden (Heimaufsicht, Polizei) informiert und Maßnahmen zu Ihrem Schutz eingeleitet werden. Darüber hinaus können Sie erwarten, dass Ihnen psychologische Hilfe zur Bewältigung von Gewalterfahrungen vermittelt wird, wenn Sie dies wünschen.


Das Projekt wird gefördert vom:

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)
www.bmfsfj.de

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