Samstag, 29. September 2012

Cassia-Zimt maßvoll verzehren.

Cumarin ist ein Aromastoff, der in höheren Konzentrationen in Zimtsorten vorkommt, die unter dem Begriff Cassia-Zimt zusammengefasst werden. Aus der arzneilichen Anwendung von Cumarin ist bekannt, dass bereits relativ niedrige Dosierungen bei empfindlichen Personen Leberschäden verursachen können. Der Wert für die tolerierbare tägliche Aufnahmedosis wurde auf Basis der Reinsubstanz, d.h. von isoliertem Cumarin, ermittelt. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat durch Untersuchungen zur Bioverfügbarkeit von Cumarin beim Menschen nachgewiesen, dass in die Pflanzenmatrix Zimt eingebundenes Cumarin ähnlich gut vom Körper aufgenommen wird wie isoliertes Cumarin. Der Wert für die tolerierbare tägliche Aufnahmedosis gilt daher auch für Cumarin in Zimt. „Das Argument, Cumarin aus Zimt sei nur in geringen Mengen bioverfügbar, da es schlechter aus der Pflanzenmatrix aufgenommen wird, stimmt also nicht“, sagt BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. „Verbraucher, die oft große Mengen Zimt als Gewürz verwenden, sollten cumarinarmen Ceylon-Zimt verwenden.“

Zimt ist nicht nur ein fester Bestandteil von Weihnachtsgebäck. Auch in und auf Kuchen, Milchreis und anderen Süßspeisen wird Zimt als Gewürz eingesetzt. Im Wesentlichen ist zu unterscheiden zwischen dem milden Ceylon-Zimt, der in Sri Lanka heimisch ist, und den etwas herberen Cassia-Arten, die höhere Mengen an Cumarin enthalten.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat auf Basis neuer Daten seine Stellungnahme zu Cumarin aktualisiert. In den vergangenen Jahren wurden neue Erkenntnisse durch eigene Forschungsarbeiten gewonnen, insbesondere zur Bioverfügbarkeit und Exposition gegenüber Cumarin. Weiterhin gelten seit 2011 neue europäische Höchstgehalte für Cumarin in bestimmten verzehrsfertigen Lebensmitteln. Die tolerierbare Dosis (TDI-Wert) von 0,1 mg Cumarin pro kg Körpergewicht, die ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ein Leben lang täglich aufgenommen werden kann, ist weiterhin gültig. 

Die Bioverfügbarkeit beschreibt, wie viel von einer Substanz nach dem Verzehr im Körper zur Verfügung steht. Das BfR hat die relative Bioverfügbarkeit von Cumarin durch eine „Cross-Over-Studie“ untersucht. Dabei erhielten die Teilnehmer (12 Männer und 12 Frauen) zu verschiedenen Zeiten sowohl Cumarin als isolierte Substanz als auch Cumarin in unterschiedlichen Zimt-Applikationen. Dies ermöglicht den Vergleich des Verhaltens einer Substanz im Körper einer Person. Die Messungen im Urin und Blut erfolgten mit einer neu entwickelten Analyse-Methode; die Quantifizierung wurde über einen Deuterium-markierten internen Standard vorgenommen. Aus den Ergebnissen lässt sich schlussfolgern, dass Cumarin aus Cassia-Zimt (als Pulver in Kapseln oder im Milchreis) fast genauso gut aufgenommen wird wie das isolierte Cumarin. 

Seit 2011 gelten in der Europäischen Union (EU) neue Höchstgehalte für Cumarin in verzehrsfertigen Lebensmitteln. Auch wenn diese neuen EU-Höchstgehalte ausgeschöpft werden, sind Überschreitungen des TDI-Werts nur möglich, wenn täglich sehr große Mengen an zimthaltigen Lebensmitteln verzehrt werden. Bei Kleinkindern mit einem Körpergewicht von 15 kg wäre der TDI-Wert bei 30 g Zimtsternen (ca. 6 kleine Zimtsterne) oder 100 g Lebkuchen täglich ausgeschöpft.

Für Zimtstangen und Zimtpulver als Gewürz zur Verwendung im Haushalt sind seitens der Europäischen Kommission keine Höchstgehalte festgelegt worden. Da eine geringe Überschreitung des TDI-Werts für ein bis zwei Wochen als unbedenklich anzusehen ist, wäre ein gesundheitliches Risiko nur für solche Verbraucher möglich, die sehr viel Cassia-Zimt mit hohen Cumaringehalten über einen längeren Zeitraum verzehren. Bei einem Erwachsenen mit einem Körpergewicht von 60 kg ist der TDI-Wert bei 2 g Cassia-Zimt täglich mit durchschnittlichen Cumaringehalten ausgeschöpft. Bei einem Kleinkind mit einem Körpergewicht von 15 kg ist dies bei einer täglichen Aufnahme von 0,5 g Cassia-Zimt mit durchschnittlichen Cumaringehalten der Fall. 

Das BfR rät nach wie vor zum maßvollen Verzehr von Cassia-Zimt mit hohen Cumaringehalten. Verbraucher, die oft große Mengen Zimt als Gewürz verwenden, können auf cumarinarmen Ceylon-Zimt ausweichen. Im Übrigen ist zu Bedenken, dass die Cumarinexposition von Verbrauchern über andere Eintragspfade, wie zum Beispiel die Verwendung cumarinhaltiger Körperpflegemittel, erhöht werden kann. 

Mittwoch, 26. September 2012

Studie französischer Forscher: Gentechnisch veränderter Mais hat verheerende Folgen

Am 19. September stellte die amerikanische Fachzeitschrift „Food and Chemical Toxicology“ die Ergebnisse einer Langzeitstudie des französischen Forschers Gilles-Éric Séralini, Professor für Molekularbiologie an der Uni Caen, und seines Teams vor, das über zwei Jahre hinweg die Reaktionen weißer Ratten auf die von Monsanto genmodifizierte Maissorte NK603 sowie das Pestizid „Roundup“ analysierte.
Die Ergebnisse stellten sich als verheerend heraus. Sogar in geringen Dosen wirkte sich die untersuchte Maissorte toxisch (mit teils tödlichen Folgen) auf die Organismen aus. Die Unbedenklichkeit genveränderter Lebensmittel ist damit dahingestellt.

Bis 2011 arbeiteten die Forscher quasi in geheimer Mission: verschlüsselte Mails, keine Konversation am Telefon und sogar die Präsentation einer falschen Studie um die Saatgutkonzerne ruhig zu stellen, sollten die absolute Vertraulichkeit der gewonnenen Ergebnisse garantieren.

Spätestens im 13. Monat der Studie waren sämtliche Ratten der verschiedenen Gruppen, ob mit oder ohne Roundup, von schweren Krankheitsbildern befallen. Bei den Weibchen äußerte sich dies hauptsächlich durch Brusttumore, die bis zu 25% ihres Körpergewichts erreichten, bei den Männchen zeigte sich der Befall vermehrt an Leber und Nieren.

Zu Beginn des 24. Monats waren 50-80% der weiblichen Ratten von Tumoren befallen, im Gegensatz zu 30% der Kontrollgruppe, die mit normalem Mais gefüttert wurde. Es fiel auch auf, dass die Tumorbildung sehr viel schneller von statten ging.

In seinem Buch „Tous cobayes!“, das zunächst nur auf Französisch erhältlich sein wird, geht Gilles-Éric Séralini im Detail auf die Studie und ihre Ergebnisse ein. Am 26. September wird auch der Film zum Buch im Frankreich im Kino anlaufen.
Die Debatte um die Unbedenklichkeit gentechnisch veränderter Lebensmittel geht in eine neue Runde. Es bleibt abzuwarten ob die Verbraucher oder die Saatgutkonzerne ihre Interessen durchsetzen.
Genveränderte Pflanzen heute:

Erzeugerländer: USA 43%, Brasilien 18,9%, Argentinien 14,8%, Indien 6,6%, Kanada, China, Paraguay,…

In Europa: Nur 0,1% der landwirtschaftlich genutzten Fläche wird für den Anbau genmodifizierter Pflanzen genutzt (80% davon in Spanien, doch auch in Portugal, Polen, Rumänien, Slowenien und Tschechien) 2/3 des in Frankreich importierten Soja ist gentechnisch verändert und dient hauptsächlich als Futtermittel für Nutzvieh. Spuren finden sich im Fleisch, der Milch sowie Eiern.


Quelle: idw-online
Quelle: Le nouvel Observateur N° 2498, 20. September 2012

Freitag, 14. September 2012

Alte Menschen häufig mangelernährt.

Bei der Diskussion um die Ernährung geht es häufig um Übergewicht und seine schädlichen Folgen für Herz, Kreislauf und Gelenke. Dabei gerät die Kehrseite der Medaille aus dem Blick: Mehr als 80 Prozent der alten Patienten, die in eine Klinik kommen, haben ein hohes Risiko für Mangelernährung oder sind akut mangelernährt – mit zum Teil dramatischen Folgen. Das Wiegen der Patienten und die Bestimmung des so genannten Body-Mass-Index reichen oft nicht aus, um die Bedrohung zu erkennen. Die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG) empfiehlt daher ein einfaches Screening für die klinische Routine.

"Mangelernährung im Alter ist kein Randproblem“, betont der Präsident elect der DGG, Prof. Dr. Ralf-Joachim Schulz aus Köln.
Eine neue Erhebung des Lehrstuhls für Geriatrie der Uniklinik Köln unter 1.252 ernährungstherapeutisch betreuten Patienten zeigt, dass lediglich 17,7 Prozent der durchschnittlich 80 Jahre alten Patienten gut ernährt sind, bei 58,7 Prozent besteht ein deutliches Risiko für Mangelernährung und 23,6 Prozent der Patienten sind akut mangelernährt

Eine Mangelernährung hat für die Betreffenden erhebliche Auswirkungen: Das Immunsystem wird schwächer und die Muskelkraft sinkt, der Betreffende ist insgesamt krankheitsanfälliger, Wunden heilen schlechter. Außerdem sind mangelernährte Patienten eher müde und geistig weniger leistungsfähig, auch der Antrieb und die Lebensfreude gehen zurück. Mangelernährte Patienten erholen sich schwerer von Krankheiten und müssen häufig länger in der Klinik bleiben. Das Risiko, an Krankheiten zu sterben, ist deutlich höher.

Wann Mangelernährung beginnt
Einen einfach zu ermittelnden Hinweis für eine Mangelernährung bietet der Body-Mass-Index. Er berechnet sich aus dem Gewicht geteilt durch die Größe im Quadrat. Ein 1,80 Meter großer Mann, der 80 Kilogramm wiegt, hat einen BMI von 80/1,80^2, also 24,7 kg/m². Ein BMI unter 20 weist auf eine Mangelernährung hin, fällt der Wert unter 18,5 kg/m² ist der Betreffende sicherlich mangelernährt.
Die Kölner Untersuchung belegt aber, dass der BMI nicht ausreicht, um mangelernährte Patienten zu erkennen. Laboruntersuchungen auf die Nährstoffe Vitamin D, Cobalamin und Folsäure, bei denen im höheren Alter ein Risiko für eine Unterversorgung besteht, zeigten, dass viele mangelernährte Patienten einen unauffälligen BMI haben. „Wir empfehlen für die klinische Routine daher neben der Bestimmung des BMI sechs einfache Fragen, die den Ernährungszustand des Patienten beleuchten“, so Schulz. Diese betreffen
- einen Gewichtsverlust in den vergangenen Monaten
- die Mobilität des Patienten
- die Selbstständigkeit bei der Essensaufnahme
- die Zahl der Hauptmahlzeiten
- die Flüssigkeitszufuhr und
- die subjektive Gesamteinschätzung des Gesundheitszustandes durch den Patienten.
Der einfach auszufüllende Erhebungsbogen erfordert während des Patientengespräches in der Klinik knapp fünf Minuten.
Obgleich der Nutzen eines frühzeitigen Screenings auf Mangelernährung bekannt ist, stellte die Arbeitsgruppe Ernährung der DGG in einer Umfrage fest, dass nur 40 Prozent der geriatrischen Kliniken in Deutschland entsprechende Screenings umsetzen.


„Die Mangelernährung im Alter hat viele Ursachen“, betont Schulz. Ältere Menschen sind oft weniger hungrig, das Sättigungsgefühl stellt sich eher ein. Ein Grund dafür könnte sein, dass sich der Magen bei älteren Menschen langsamer entleert.
Wichtig und oft unterschätzt sind Geruchs- und Geschmacksstörungen: Sie vermindern den Genuss beim Essen und führen dazu, dass die Betreffenden Mahlzeiten auslassen. Geruchs- und Geschmacksstörungen sind häufig: Rund die Hälfte der älteren Menschen sind davon betroffen. Auch Kau- und Schluckbeschwerden sind als Ursachen für eine zu geringe Nahrungsaufnahme häufig.
Wichtig sind außerdem unerwünschte Arzneimittelwirkungen wie Mundtrockenheit oder Übelkeit. Auch sie führen dazu, dass die Patienten zu wenig essen.
Schließlich kann nahezu jede akute oder chronische Erkrankung eine Mangelernährung auslösen. Wichtige Beispiele sind Infektionen, operative Eingriffe und Schilddrüsenerkrankungen.

Neben den körperlichen Ursachen betont Schulz auch die psychosozialen Hintergründe: „Ein häufiger Grund ist Einsamkeit. Allein zu kochen und zu essen macht den Betreffenden keine Freude, deshalb verringern sie ihre Mahlzeiten nach und nach immer mehr“, so der Geriater.
Immer bedeutsamer werden außerdem Demenzen. Die meisten Patienten verlieren im Verlauf der Erkrankung deutlich an Gewicht. In frühen Stadien sind dafür eher neurologische und hormonelle Faktoren verantwortlich, schreitet die Krankheit fort, führen die kognitiven Defizite zu immer größeren Problemen auch beim Essen.

Quelle: idw-online

Donnerstag, 13. September 2012

Silber ist doch kein guter Bakterienkiller

Das seit Langem wegen seiner antibakteriellen Wirkung medizinisch eingesetzte Silber schädigt in der benötigten Dosis auch menschliche Gewebezellen. Zusätzlich schwächt ein Bluteiweiß die Wirkung auf Bakterien. Das belegte jüngst ein Team um Prof. Dr. Stephan Barcikowski vom Center for Nanointegration (CENIDE) der Universität Duisburg-Essen (UDE) in drei aufeinander aufbauenden Veröffentlichungen.

Silber wirkt nachweislich antibakteriell – daher stellte man aus ihm schon in der Antike Trinkgefäße her. Die Idee, Medizinprodukte mit integriertem Silber zu versehen, um so die Heilung zu fördern und Entzündungen verhindern, klingt daher erst mal gut. Und so realisierte die Arbeitsgruppe Testserien mit Silber-Nanopartikeln, die die Wissenschaftler per Lasertechnik selbst hergestellt hatten. Diese betteten sie in verschiedene Kunststoffe ein. Dadurch sind die Nanopartikel fest im Material gebunden und gelangen nicht in den Körper. Sie geben aber wegen ihrer großen Oberfläche ausreichend Silberionen, also die lösliche Form des Silbers, ab. Diese Ionen sind der eigentliche Wirkstoff, der Bakterien z. B. an einer Wunde tötet und so Entzündungen vermeiden soll. Zum Schutz von Medizinprodukten oder zur Abdeckung von Brandwunden also eigentlich eine gute Lösung.

Versuche mit verschiedenen Bakterien in Zusammenarbeit mit der Klinik von Prof. Dr. Meike Stiesch der Medizinischen Hochschule Hannover bestätigten die keimtötende Wirkung. Doch nachfolgende Untersuchungen zeigten, dass die Silberionen in der gleichen Konzentration auch Fibroblasten – Bindegewebszellen, die nach einer Verletzung für die Heilung wichtig sind – nennenswert schädigten. „Das hatten wir so natürlich nicht erwartet, da Silber bereits vielfältig in der Medizin eingesetzt wird“, berichtet Barcikowski, Inhaber des Lehrstuhls „Technische Chemie I“ an der UDE und Chefredakteur der Fachzeitschrift „BioNanoMaterials“. „Aber weitergehende Tests haben bewiesen, dass tatsächlich die Ionen die Zellen geschädigt haben und nicht etwa der Kunststoff, wie wir zunächst vermuteten.“

Versetzten die Forscher die Proben zusätzlich mit Albumin, einem Eiweiß, das im menschlichen Blut und damit natürlich auch an Wunden vorkommt, verschlechterte das zudem die antibakterielle Wirkung des Silbers, während die zellschädigende Wirkung gleich blieb. Hier ist die therapeutische Breite, d.h. das Verhältnis zwischen wirksamer und schädlicher Dosis daher extrem klein, sodass der praktische Einsatz riskant ist. 

Quelle: idw-online

Mittwoch, 12. September 2012

Schmerzen in den Beinen können vor Herzinfarkt warnen.

Auch wenn es erstaunen mag: Bestimmte Formen von Beinschmerzen können ein erhöhtes Herzinfarktrisiko anzeigen. Wachsamkeit ist insbesondere bei Wadenschmerzen geboten, die beim Gehen auftreten und beim Stehenbleiben nachlassen. Gleiches gilt für Schmerzen, die sich beim Hinlegen in der Zehenregion bemerkbar machen, vor allem wenn Aufstehen für Linderung sorgt.

Denn beide Schmerzformen sind ein typisches Symptom einer Arteriosklerose, bei der es aufgrund von Ablagerungen in den Adern an unterschiedlichen Stellen des Körpers zu Durchblutungsstörungen kommt, wie Prof. Dr. med. Eike Sebastian Debus von der Klinik für Gefäßmedizin am Universitären Herzzentrum Hamburg in der neuesten Ausgabe des Internet-Newsletters der Deutschen Herzstiftung betont.

Da die Beine bei einer Arteriosklerose, in der Umgangssprache Gefäßverkalkung genannt, im Vergleich zum Herzen häufig erst relativ spät betroffen sind, ist bei solchen Beinschmerzen oft schon eine deutliche Verkalkung der Herzkranzgefäße vorhanden, was im Laufe der Zeit zu einem Herzinfarkt führen kann.

Betroffene sollten deshalb beim Arzt unbedingt darauf bestehen, dass nicht nur ihre Beine untersucht werden, sondern in regelmäßigen Abständen auch das Herz. Wie ernst die Herzinfarktgefahr zu nehmen ist, unterstreichen statistische Erhebungen, wonach 75 % der Betroffenen später einem Herzinfarkt erliegen, was weit über dem Bundesdurchschnitt liegt.

Quelle: idw-online

Kinder leiden unter Leistungsabbau der Krankenkassen

Trotz prall gefüllter Konten: Krankenkassen bauen zunehmend Leistungen ab. Auch kranke oder verletzte Kinder sind davon betroffen: Innovative und kindgerechte minimal-invasive Eingriffe werden oft nicht angemessen vergütet, ein Aufnahmetag vor einer Operation soll nur in schweren Fällen möglich sein. „Die verschärften Einsparungen können zu Leistungseinschränkungen und Sicherheitslücken bei der medizinischen Versorgung von Kindern im Krankenhaus führen“, mahnt Professor Dr. med. Jörg Fuchs, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH).

Etwa 500 000 Operationen führen Ärzte hierzulande jedes Jahr an Kindern durch. Oft ist dafür ein stationärer Aufenthalt im Krankenhaus notwendig. Doch diese Behandlungen sind zeit- und kostenintensiv. Denn die Häuser müssen eigens angefertigte, miniaturisierte High-Tech-Instrumente vorhalten und auch das Team von Anästhesisten, Intensivmedizinern, Pflegekräften, Sozialpädagogen und Kinderchirurgen muss auf Kinder spezialisiert sein. Auch fordert der Umgang mit den Kleinsten und ihren Eltern mehr Zeit, Geduld und Fürsorge als mit den meisten erwachsenen Patienten. “Für Kinder ist die Klinik oft fremd und sie müssen sich darauf zunächst einstellen. Was Erwachsene rational verstehen und nachvollziehen, ängstigt und überfordert sie mitunter“ erläutert Professor Dr. med. Stuart Hosie, Chefarzt der Klinik für Kinderchirurgie des Städtischen Klinikums in München. „Eine kindgerechte Therapie in einem spezialisierten Zentrum bedeutet ein Mehr an Aufwand gegenüber der Behandlung von Erwachsenen.“ Da Krankenkassen diesen Mehraufwand in der Regel nicht extra vergüten, sondern meist in allgemeinen Fallpauschalen, sogenannten DRGs, abrechnen, schreiben schon heute viele Kinderkrankenhäuser Rote Zahlen.

Nach den Plänen der Krankenkassen wird sich die Situation voraussichtlich weiter verschärfen. So garantieren die Kassen eine Kostenübernahme für den präoperativen Tag für Kinder im Krankenhaus nur noch in schwersten medizinischen Fällen. Bisher diente der stationäre Tag vor dem Eingriff der kindgerechten und umfassenden Vorbereitung von Kindern auf größere Operationen. Ärzte konnten so auch Sicherheitsrisiken ausschließen, etwa die Frage, ob die kleinen Patienten auch wirklich nüchtern sind.


Auch medizinischen Fortschritt in Form neuer, schonender
Behandlungsmethoden unterstützen die Kassen nicht ohne Weiteres: Verkürzt sich durch moderne Verfahren wie etwa Schlüsselloch-Chirurgie der Krankenhausaufenthalt gegenüber den herkömmlichen, offenen Eingriffen, gibt es Abzüge bei der Fallpauschale. „Daher können Kinderkrankenhäuser kaum kostendeckend arbeiten“, erklärt Professor Hosie. Eine unbe-friedigende Situation für alle: „Durch das Spardiktat der Kassen werden wir quasi vor die Entscheidung gestellt, ob wir defizitär arbeiten wollen, oder in Kauf nehmen, dass Kinder nicht die bestmögliche Versorgung erhalten.“

Quelle: idw-online

Dienstag, 11. September 2012

Akupunktur bei chronischen Schmerzen wirksamer als Placebo


Eine große internationale Untersuchung, die online in der Fachzeitschrift Archives of Internal Medicine veröffentlicht wurde, zeigt, dass Akupunktur bei chronischen Rücken-, Schulter-, Kniegelenks- und Kopfschmerzen nicht nur wirksamer als eine Routinebehandlung ist, sondern auch besser hilft als eine so genannte Scheinakupunktur. Einer der Autoren der Untersuchung ist Prof. Klaus Linde vom Institut für Allgemeinmedizin am Klinikum rechts der Isar der TU München.
Für die so genannte „individual patient data“ Meta-Analyse unter der Federführung von Andrew Vickers vom Memorial Sloan Kettering Cancer Centre in New York wurden die individuellen Daten von 17.922 Patienten aus insgesamt 29 Studien in einer großen Datenbank zusammengeführt. Dies lässt besonders genaue statistische Analysen zu. Berücksichtigt wurden ausschließlich Studien, in denen die Patienten in angemessener Weise strikt zufällig einer Akupunktur- oder einer oder zwei Kontrollgruppen zugeteilt worden waren. In einem Teil der Studien wurde Akupunktur mit Scheinakupunktur – meist eine oberflächliche Nadelung außerhalb bekannter Akupunkturpunkte –, in anderen Studien mit einer Gruppe, die keine Akupunktur erhielt, verglichen. Manche Studien verglichen alle drei Optionen miteinander. Bei allen vier untersuchten Indikationen schnitt die Akupunktur statistisch signifikant besser ab als die Kontrollgruppen.

Laut Klaus Linde vom Klinikum rechts der Isar sind die Ergebnisse für die Diskussion zur Wirksamkeit der Akupunktur von erheblicher Bedeutung: „Bisherige Untersuchungen haben wiederholt gezeigt, dass die Gesamteffekte einer Akupunkturbehandlung klinisch relevant sind; ob die richtige Wahl der Punkte eine Rolle spielt, war jedoch bisher umstritten. Unsere Analyse zeigt nun, dass die Punktwahl ebenfalls eine Rolle spielt. Die Unterschiede im Vergleich zur Scheinakupunktur sind zwar klein, aber sehr konsistent, d.h. die Studienergebnisse passen gut zusammen.“

Linde weist darauf hin, dass die vorhandenen Daten dafür sprechen, dass eine Scheinakupunkturbehandlung zumindest in der Schmerztherapie häufig mit erheblichen Effekten einherzugehen scheint und somit entweder gar nicht als Placebo oder als besonders potentes Placebo zu interpretieren ist. Die zwar signifikanten, aber doch kleinen Effekte der Akupunktur über die Scheinakupunktur hinaus werfen die Frage auf, ob in der Theorie der Akupunktur die Relevanz der genauen Punktwahl überbetont wird. Linde ergänzt: „In der Praxis stellt sich für einen Akupunkteur allerdings die Frage nicht, ob er nun an den richtigen oder an falschen Punkten behandeln soll.“
Quelle: idw-online

Magnetresonanz-Mammographie wesentlich genauer als Röntgen-Mammographie

Magnetresonanz-Mammographie entdeckt kleinste Brusttumoren, bevor Metastasen entstehen

Die Magnetresonanz-Mammographie (MRM), die Kernspinuntersuchung der Brust, ist eine höchst genaue und dazu strahlungsfreie Methode zum Nachweis kleinster Brusttumoren. „Wir finden damit selbst drei Millimeter kleine Krebsherde“, erklärt Prof. Werner A. Kaiser, Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie I am Universitätsklinikum Jena, einer der Pioniere auf dem Gebiet der MRM. „Die Methode ist also erheblich genauer als die beim Screening verwendete Röntgen-Mammographie.“

Röntgen-Mammographie übersieht die Mehrheit der Karzinome im Frühstadium
Das in Deutschland entwickelte Verfahren der Magnetresonanz-Mammographie wird derzeit zur Abklärung unklarer Röntgenbefunde, zur OP-Planung und zur Nachkontrolle eingesetzt. Die Auswertung der über 1000 Einzelbilder je Seite setzt große Erfahrung voraus, ist dann aber Röntgen und Ultraschall weit überlegen. Besonders hoch ist die Aussagekraft beim Ausschluss bösartiger Tumoren: Wenn die MRM keinen bösartigen Tumor nachweist, dann ist auch tatsächlich in 99% kein invasiver maligner Tumor in einer Größe von mehr als drei Millimeter vorhanden. „Die Frauen haben ein Recht auf eine ehrliche Information, weil die Röntgen-Mammographie die Mehrheit der Karzinome im Frühstadium übersieht“, so Kaiser. „Dies wurde auch kürzlich in einer großen Studie an über 42.000 Patientinnen wieder bestätigt.“


In einer seit 2006 mit der Techniker Krankenkasse bestehenden Kooperation wurden am Universitätsklinikum Jena über 1500 Patientinnen untersucht. „Dabei konnten wir auch das Argument der hohen Kosten entkräften“, so Professor Kaiser. „Die Diagnose ohne MRM stellte sich mit nachfolgenden Biopsien als 2,5mal teurer heraus als die mit MRM abgesicherte frühzeitige Diagnose.“ 
Quelle: idw-online

Samstag, 8. September 2012

Haut und Immunsystem beeinflussen Salzspeicherung und regeln den Blutdruck


Bluthochdruck ist die Ursache für zahlreiche Herz-Kreislauf-Krankheiten, die die häufigste Todesursache in Industrieländern sind. Schon lange gilt hoher Salzkonsum als Risikofaktor, nicht jede Art von Bluthochdruck ist jedoch vom Salzkonsum abhängig. Das hat lange Zeit Rätsel aufgeworfen. Neue Erkenntnisse von Prof. Jens Titze (University of Vanderbilt, USA und Universität Erlangen) geben jetzt jedoch Hinweise auf bisher unbekannte Mechanismen. Danach spielen die Haut und das Immunsystem eine wichtige Rolle bei der Regulation des Salzhaushalts und des Bluthochdrucks, wie er auf dem 1. ECRC „Franz-Volhard“ Symposium am Max-Delbrück-Centrum (MDC) am 7. September 2012 in Berlin-Buch berichtete.
Der Wasser- und Salzhaushalt des Körpers ist von großer Bedeutung für den Blutdruck. Entscheidend hierbei ist die Niere, die steuert, wie viel Wasser im Körper verbleibt und wie viel ausgeschieden wird. Auf diese Weise regelt sie die Blutmenge und beeinflusst darüber den Blutdruck. Neue Erkenntnisse von Prof. Titze, einem der führenden Experten auf dem Gebiet, zeigen jedoch, dass auch Organe, die bislang nicht mit dem Wasser- und Salzhaushalt in Verbindung gebracht wurden, einen Einfluss auf den Blutdruck haben: die Haut und das Immunsystem.

Prof. Titze konnte zeigen, dass im Bindegewebe der Haut Salz gespeichert werden kann. „Die Salzkonzentration in der Haut kann höher sein als im Blut. Das bedeutet, dass nicht allein die Niere den Salzhaushalt reguliert, sondern dass es weitere Mechanismen geben muss“, erläuterte der Forscher. Seine Gruppe konnte nachweisen, dass das Immunsystem bei diesem Mechanismus eine wichtige Rolle spielt: Bestimmte Immunzellen, die Makrophagen, auch Fresszellen genannt, erkennen hohe Salzkonzentrationen in der Haut. Daraufhin aktivieren sie ein Gen, das wiederum dafür sorgt, dass der Wachstumsfaktor VEGF-C (Vascular endothelial growth factor) ausgeschüttet wird. VEGF-C steuert das Wachstum von Lymphgefäßen, die Flüssigkeit und Salz transportieren. Wird dieser Faktor vermehrt freigesetzt, wachsen Lymphgefäße in die Haut und sorgen dort dafür, dass das eingelagerte Salz wieder abtransportiert werden kann. 
„Die Immunzellen regulieren also offenbar den Salzhaushalt und den Blutdruck“, erklärte Professor Titze. „Auch eine erste klinische Studie liefert Hinweise darauf, dass in der Haut von Bluthochdruckpatienten tatsächlich übermäßig viel Kochsalz eingelagert ist.“
Quelle: idw-online

Freitag, 7. September 2012

Hypoxischer Hirnschaden - sein anderes Leben Beginn der homöopathischen Behandlung.

Seit kurzem habe ich einen neuen Blog eröffnet  mit dem Titel:

Hypoxischer Hirnschaden - sein anderes Leben.

Einer der Blogbeiträge behandelt die homöopathische Behandlung eines akuten Herzinfarktes, Herzstillstand, Reanimation und die homöopathische Behandlung in der Medizinischen Klinik, Intensivstation.


Beginn der homöopathischen Behandlung.

Mit seiner homöopathischen Behandlung begann ich wenige Stunden nach dem er in die Intensivstation der Medizinischen Klinik eingeliefert wurde.

Die schnelle homöopathische Mittelfindung gestaltete sich für mich u.a. aus folgenden Gründen nicht einfach:

Ich stand unter Schock und hatte Angst.
Mein Mann war betroffen und ich konnte nicht frei und unvoreingenommen den "Fall" bearbeiten.
Sein Überleben war, lt. Ärzten, sehr unwahrscheinlich.
Die Zeit drängte, denn ich war mir sicher, je länger er ohne homöopathische Arznei ist, desto schlechter werden seine Überlebenschancen sein.
Mein Mann lag im tiefen, künstlichen Koma, er konnte nicht befragt werden.

Deshalb entschloss ich mich, meinen Mann nach klinischen Gesichtspunkten homöopathisch zu behandeln und fand dann sofort das für ihn passende Arzneimittel, das im Arzneimittelbild die Symptome zeigt, die ich bei seiner Auffindung feststellen konnte. Die Konstitution habe ich bei der Mittelfindung nicht einbezogen. Lesen Sie weiter auf dem neuen Blog:
http://hypoxischer-hirnschaden.blogspot.de/2012/09/beginn-der-homoopathischen-behandlung.html

Pflegende Angehörige: Zwischen Beruf und Krankenbett. Selbständige wurden in der neuen Studie der Universität Duisburg-Essen nicht berücksichtigt.

Zu Hause alt werden, im Pflegefall von der Familie versorgt – das wünschen sich viele ältere Menschen und ihre Kinder. Doch immer mehr Angehörige, vor allem Töchter und Schwiegertöchter, üben heute einen Beruf aus, den sie kaum oder nur unter Einbußen damit vereinbaren können. Dieser Problematik schenken Arbeitgeber, Gewerkschafter und Politiker noch zu wenig Aufmerksamkeit, trotz neuerer Instrumente wie der Pflegezeit, kritisiert eine aktuelle Studie der Universität Duisburg-Essen (UDE).

„Besonders Frauen wird so eine weitere Unterbrechung der Arbeitszeit aufgebürdet, die ihre Karrierechancen blockiert, die Rente kürzt oder in einigen Fällen den Ausstieg aus der Erwerbsarbeit bedeuten kann“, kritisieren die Wissenschaftler. „Wenn der Staat an der – preiswerten – Angehörigenpflege festhalten will, müssten Maßnahmen durchgesetzt werden, die Pflegenden helfen, die Kosten zu kompensieren.“

Die Ergebnisse der Studie zeigen, wie wichtig es neben der allgemeinen Anerkennung ist, auch die Rückkehr in die ursprüngliche Arbeitssituation zu ermöglichen. Pflegende seien nicht weniger berufs- oder karriereorientiert als Nicht-Pflegende: „Sie übernehmen – ganz im Sinne des Gesetzgebers und zum Wohle der Gemeinschaft – die Verantwortung für ihre alten Eltern, den kranken Partner oder das kranke Kind. Dabei haben sie weniger freie Zeit für Hobbies und Freunde und nur wenig Unterstützung“, meinen Bäcker und Kümmerling.

Von der Studie und der Politik nicht berücksichtigt sind Selbständige, die durch die Pflege in ihrem Beruf genauso eingeschränkt sind wie angestellte Arbeitnehmer. Selbständige werden von der Politik ignoriert, doch auch diese Gruppe übernimmt "ganz im Sinne des Gesetzgebers und zum Wohle der Gemeinschaft" die Verantwortung für zu pflegende Angehörige.
Quelle: idw-online

Mittwoch, 5. September 2012

Gehtraining mit Heimtrainer für Querschnittgelähmte

Jedes Jahr erleiden ca. 1.800 Patienten in Deutschland eine Querschnittlähmung. Für diese Menschen geht ein großes Stück Selbständigkeit durch den Verlust der Gehfähigkeit verloren. Nun wurde ein Gerät entwickelt, mit dem die Betroffenen zu Hause allein trainieren können. In zwei Jahren soll dieses auf dem Markt sein.

Die Forschungen der letzten Jahrzehnte haben gezeigt, dass motorische Funktionen bei inkomplett querschnittgelähmten Menschen wiedergewonnen werden können, wenn die Restfunktion mit Training aktiviert wird. Um das Gehen wieder zu ermöglichen, wird heute ein spezielles Laufbandtraining eingesetzt. Das Training an diesen Großgeräten muss von Therapeuten überwacht und begleitet werden und wird ausschließlich an Kliniken und Reha-Kliniken eingesetzt.

Die Aufenthaltsdauer von frisch Querschnittgelähmten in Rehabilitationskliniken wird aus wirtschaftlichen Gründen immer kürzer und das mögliche Potential des Patienten kann nicht ausgeschöpft werden geschweige denn, verbessert werden.

Studien haben ergeben, dass ein langfristiges, über mehrere Monate durchgeführtes Gang- und Bewegungstraining einen hohen Effekt für die Betroffenen erzielt.
Jetzt wurde ein Gehtrainer entwickelt, mit dem die Patienten selbständig zu Hause trainieren können. Das Gerät wurde an 23 Patienten über acht Wochen getestet. Die Betroffenen trainierten  fünf Tage pro Woche für 30 bis 45 Minuten und verbesserten dadurch ihre Gehfähigkeit und Ausdauer um die Hälfte. Die Patienten hatten chronische Querschnittlähmungen, das Trauma lag im Schnitt 4,2 Jahre zurück und sie galten aus austherapiert ohne die Möglichkeit eines Aufenthalts in einer Reha-Klinik.

Das Gerät könnte möglicherweise auf für Patienten mit einer Halbseitenlähmung nach Schlaganfall, Parkinson und multipler Sklerose in Frage kommen, meinen die Forscher und Entwickler.

Montag, 3. September 2012

"Künstliches Koma" so kurz wie möglich halten


In Deutschland verletzen sich jährlich etwa 35 000 Menschen bei Unfällen schwer. Mehr als die Hälfte von ihnen erleidet dabei gravierende Schädel-Hirn-Verletzungen. Neurointensivmediziner versetzen diese Patienten häufig in ein sogenanntes „künstliches Koma“. Diese Langzeitsedierung erlaubt es, den Intensivpatienten in dieser kritischen Phase zu behandeln, sie senkt mögliche Risiken für bleibende Schäden und fördert die Heilung, erläutert die Deutsche Gesellschaft für NeuroIntensiv- und Notfallmedizin (DGNI). Neuesten Erkenntnissen zufolge seien die Ergebnisse dieser Behandlung noch besser, wenn die Sedierung insgesamt so flach und so kurz wie möglich gehalten werde.
Intensivpatienten mit schweren Hirnverletzungen werden heutzutage routinemäßig in eine Langzeitnarkose versetzt. „Hierdurch wird das Gehirn in einen stabileren Zustand versetzt, indem die Funktion zwar gedrosselt wird, dadurch aber auch weniger Bedarf an Durchblutung und Nährstoffen besteht. Darüber hinaus vermindern wir Aufregung und Schmerzen, was den Patienten vor Verletzungen schützt, die er sich beispielsweise selbst durch unwillkürliche Bewegungen zufügen könnte“, erklärt Professor Dr. med. Andreas Unterberg, Direktor der Neurochirurgischen Klinik am Universitätsklinikum Heidelberg und Präsident der Deutschen Gesellschaft für NeuroIntensiv- und Notfallmedizin (DGNI). Da der Patient entspannt ist und keine Schmerzen empfindet, kann die Sedierung auch den Heilungsverlauf unterstützen. Professor Unterberg: „Sie ist aber niemals Selbstzweck. Wir bemühen uns die Sedierung so flach wie möglich zu halten und die Beatmung so früh wie möglich zu beenden.“

So kurz wie möglich, so lang wie nötig
Bei Patienten mit schweren Hirnverletzungen kann unter Umständen auch eine Langzeitnarkose über Wochen oder Monate notwendig werden. Der Patient wird dann wie bei einer Operationsnarkose beatmet, künstlich ernährt und die Körperfunktionen werden über Monitore regelmäßig überwacht. Das birgt jedoch auch Risiken. DGNI-Pressesprecher Privatdozent Dr. med. Oliver W. Sakowitz, Geschäftsführender Oberarzt der Neurochirurgischen Klinik am Universitätsklinikum Heidelberg, erläutert, dass beispielsweise die Gefahr von Infektionen bei längerer künstlicher Beatmung steige. „Wesentlich ist es, die Tiefe der Narkose mittels klinischer Untersuchungsprotokolle zu verfolgen und im gewünschten Bereich konstant zu halten. Wir unterbrechen die kontinuierliche Sedierung, sobald die kritische Phase der Drucksteigerung im Schädel der Patienten beendet ist, wecken den Patienten also auf, sodass er wieder spontan atmen kann. Damit verringern wie erstens die Gesamtzeit der Beatmung und zweitens auch die Verweildauer des Patienten auf der Intensivstation.“

Monitoring alle acht Stunden
Zu modernen Sedierungskonzepten gehören nach Meinung der DGNI-Experten bei weniger kritischen Patienten tägliche Aufwachversuche, aber auch Sedierungspausen und eine engmaschige Überwachung der Sedierungstiefe, ein Monitoring. Dazu wird ein Erfassungsbogen mit einer zehnstufigen Skala eingesetzt, mit deren Hilfe die Tiefe der Sedierung eingestuft wird. Alle acht Stunden sollten diese Daten erhoben und protokolliert werden, rät die DGNI.

Sedierung an sich schadet dem Patienten nicht
Der Begriff „künstliches Koma“ sei ein wenig irreführend, erklärt Dr. Sakowitz. „Für Außenstehende kann der Eindruck entstehen, als befände sich der sedierte Patient in einem Koma.“ Der Experte betont jedoch: „Das Koma ist immer Folge einer schweren, oft lebensgefährlichen Funktionsstörung des Großhirns. Ob der Patient wieder aufwacht oder nicht, hängt von Art, Ort und Ausmaß der Hirnschädigung ab. „Oft können wir nicht gut vorhersagen, wann und bis zu welchem Grad das Bewusstsein der Patienten wieder hergestellt werden kann“, ergänzt Dr. Sakowitz. Eine Langzeitsedierung schadet dem Gehirn des erwachsenen Patienten nicht. Solange Nebenwirkungen auf andere Organe – wie beispielsweise Herz-Kreislauf-System, Leber und Lunge – vermieden werden, ist sie eine adäquate Maßnahme, um das verletzte Gehirn zu schützen und Folgeschäden zu vermeiden. Wird die Gabe der zur Narkose verwendeten Medikamente beendet, ist es nur eine Frage der Zeit, bis diese vom Körper wieder ausgeschieden werden.
Quelle: idw-online

Samstag, 1. September 2012

"Reha vor Pflege" gilt auch bei leichter Demenz


Geriatrische Patienten mit Nebendiagnose Demenz erhalten oft keine Rehabilitation, obwohl dies Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenkasse sind. Wissenschaftler haben jetzt im Auftrag des DIMDI untersucht, ob und wenn ja welchen Nutzen entsprechende Maßnahmen für leicht bis moderat demenzkranke Patienten haben. Demnach profitieren durchaus auch diese Patienten von einer Rehabilitation.
Ihre Ergebnisse fasst ein neuer HTA-Bericht zusammen (Health Technology Assessment, systematische Bewertung gesundheitsrelevanter Verfahren und Technologien). Er ist kostenfrei auf den Webseiten des DIMDI abrufbar.

Für ihren Bericht identifizierten die Autoren in einer systematischen Literaturrecherche 16 relevante Publikationen zur geriatrischen Rehabilitation. Die eingeschlossenen Studien befassen sich überwiegend mit stationären Behandlungen. Lediglich eine Studie untersucht ambulante mobile Maßnahmen. Hinsichtlich Teilnehmerzahl, Interventionsform oder untersuchter Kriterien sind die Studien sehr heterogen, weshalb ein Vergleich der Ergebnisse nur begrenzt möglich ist.

Ergebnisse des Berichts
Die Autoren stellen fest, dass leicht bis moderat demenzkranke Patienten durchaus von Rehabilitationsmaßnahmen profitieren. Allerdings erzielten sie Studienergebnissen zufolge verglichen mit nicht an Demenz erkrankten Patienten Fortschritte langsamer, erreichten geringere Verbesserungsraten und könnten ein niedrigeres Anfangs- und Endniveau aufweisen. Für stark Demenzkranke treffen die Autoren keine Aussagen, da diese häufig aus Studien ausgeschlossen sind.
Wenn Demenz kein Ausschlussgrund für eine Rehabilitation ist, durchlaufen entsprechende Patienten meistens dasselbe Programm wie nicht-demenzkranke Patienten. Eine Anpassung an ihre speziellen Bedürfnisse würde zu besseren Ergebnissen führen und Komplikationen vermeiden.
Programme, die die Wahrnehmungsfähigkeit fördern, erreichen bei Patienten eine stärker selbstständige Lebensführung und mehr Lebenszufriedenheit, so die Autoren. Daher sollten bestehende Rehabilitationsprogramme um kognitives Training und Übungen erweitert werden. Besonders effektiv und nachhaltig wirkten derartige Programme, wenn gleichzeitig Angehörige geschult würden.
Im Vergleich eines multidisziplinären Rehabilitationsprogramms mit pflegerischen Leistungen ohne Rehabilitation liegen die Ausgaben in der Rehabilitationsgruppe zunächst höher. Nach zwölf Monaten benötigen die Personen, die nur pflegerische Leistungen erhalten hatten, jedoch häufiger eine 24-Stunden-Betreuung, wodurch sie höhere Pflegekosten verursachen.

Grundsatz: "Rehabilitation vor Pflege"
Bereits 2009 veröffentlichten die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) und die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) eine Leitlinie zur Demenz. Darin stellen sie fest, dass spezifische Rehabilitationsmaßnahmen bei leicht- bis mittelgradig Demenzkranken Beweglichkeit und Selbstversorgungsfähigkeit ähnlich gut verbessern wie bei nicht-demenzkranken Patienten. Bislang erhalten Patienten mit der Nebendiagnose Demenz häufig keine Rehabilitation. Als mögliche Gründe dafür nennen die Autoren des HTA-Berichtes, dass ein Nutzen für die Betroffenen bisher bezweifelt wurde. Auch halte man sie oft körperlich und kognitiv für zu stark eingeschränkt. Die geriatrische Rehabilitation ist jedoch eine Pflichtleistung der gesetzlichen Krankenkassen (§ 40 SBG V) und begründet den Grundsatz "Rehabilitation vor Pflege".

Versorgungssituation
Das Bundesministerium für Gesundheit nennt für 2011 rund 1,2 Millionen demenzkranke Menschen in Deutschland. Die Zahl alter Menschen wird in Deutschland zukünftig weiter wachsen. Daher ist für die nächsten Jahrzehnte mit einem weiteren Anstieg der Demenzerkrankungen zu rechnen. Nach Hochrechnungen könnte sich ihre Zahl bei weiter ansteigender Lebenserwartung und konstanten altersspezifischen Erkrankungsraten bis 2050 mehr als verdoppeln. Die Krankheitskosten für Demenz betrugen laut statistischem Bundesamt für 2008 rund 9,4 Milliarden Euro. Das entspricht einem Drittel der Kosten für psychische Störungen und Verhaltensstörungen. Der finanzielle Aufwand für den Einzelnen entfällt dabei nur zu einem geringen Teil auf die medizinische Behandlung. Über 95 Prozent dieser Kosten verursachen Pflege und Betreuung.

Fazit der Autoren
Die Autoren des HTA-Berichts fordern, den Grundsatz "Rehabilitation vor Pflege" auch bei Patienten mit der Nebendiagnose Demenz konsequent umzusetzen. Sie empfehlen weiterhin
- geriatrische Rehabilitationsprogramm um die Behandlung der gestörten Wahrnehmung zu erweitern.
- Ärzte, Therapeuten und Pflegepersonal im Umgang mit Demenzpatienten regelmäßig zu schulen und zu coachen.
- den Übergang von der stationären Pflege zum Aufenthalt in der eigenen Wohnung durch Hausbesuche der Therapeuten zu verbessern.
- Angehörige von Demenzkranken aktiv in die Rehabilitation einzubeziehen.

Hintergrund: Demenz und Geriatrie
Demenz bezeichnet den Verlust der geistigen Leistungsfähigkeit. Sie ist abzugrenzen von nur leichten geistigen Beeinträchtigungen wie einer verminderten Merkfähigkeit oder einem eingeschränkten Denkvermögen. Diese können jedoch den Übergang zu einer beginnenden Demenz darstellen. Pro Jahr entwickeln etwa zwölf Prozent der Patienten mit einer leichten kognitiven Störung eine Demenz.
Geriatrische Patienten sind überwiegend älter als 70 Jahre und leiden an mindestens zwei behandlungsbedürftigen Krankheiten. Die Ziele einer geriatrischen Rehabilitation decken sich mit denen einer Rehabilitation bei nicht-demenzkranken Patienten: Körperliche und geistige Funktionen des Patienten sollen wiederhergestellt werden, um alltägliche Aktivitäten wieder zu ermöglichen.
Quelle: idw-online